Es geht um die Wurst

Es kommt nicht oft vor, dass wir hier das Kursbuch, das einstige Zentralorgan der 68er, verlinken können. Aber wenn der Soziologe Armin Nassehi dort schon mal über Blutwurst bloggt, dann müssen wir das natürlich auch verlinken. Es geht natürlich nicht um irgendeine Blutwurst, sondern um jene, die bei der Islamkonferenz unachtsam serviert worden ist. Hinter der ahnen die einen blanken Rassismus, andere lediglich eine Unachtsamkeit des Caterers. Nassehi lässt die ganze Sache dagegen ziemlich kalt

Erst im Nachhinein wurde die Sache skandalisiert und ging dann den Gang aller elektronischen Informationsverarbeitung, wie wir sie kennen: empörte Empörung, ebenso empörte Gegenempörung, empörte Vorwürfe, empörungsabwehrende Richtigstellungen, sensible Erklärungen, betroffenes Verständnis und wieder empörte Empörung und empörte Gegenempörung. Alles hat ein Ende, nur die Blutwurst hat zwei – man kann sich aussuchen, zu welchem Ende hin man sich empört. Mir ist das ehrlich gesagt wurscht.

Man kann von Nassehi lernen, was blutwurstdigitale Binarität ist, ansonsten geht es aber wenig um die Wurst, und viel um den Sinn oder Unsinn der Islamkonferenz. Mir ist das ehrlich gesagt wurscht.

(Foto: Peter Smola  / pixelio.de)

„Ein wurstologisches Wunder“

August F. Winkler, einer der bekanntesten deutschsprachigen Gastro- und Weinjournalisten ist gestorben. Nicht nur als Würdigung seines Werkes werden hier in nächster Zeit einige seiner Texte empfohlen. Die Lektüre von Winklers Schriften lohnt auch ohne den traurigen Anlass. Er näherte sich seinen Untersuchungsgegenständen nicht nur kenntnisreich, sondern auch aus einem ganz eigenen Blickwinkel, der sich besonders in seiner speziellen Sprache und Wortwahl zeigt. Der Falstaff hat einen großen Nachruf, der besonders Winklers Verdienste um den österreichischen Wein ehrt.

Unser erster Lesetipp aus Winklers digitalem Nachlass führt zu den Schlachtern, ins Reich der Würste, genau genommen: Zur Blutwurst. Nach einem kleinen Exkurs in die Geschichte der roten Köstlichkeit widmet sich Winkler der Frage, warum sie zwischenzeitlich so unpopulär gewesen ist und jetzt ein Revival in der besseren Küche erfährt. Er führt aus, mit welchen Beigaben sie gut schmeckt und lässt jene Metzger zu Wort kommen, welche die „Ehre der Blutwurst“ verteidigen. Ja, bei Winkler hkonnte ein gutes Produkt auch mal eine Ehre haben.

Die archaischste und wohl älteste ihrer Art ist die Blutwurst. Erst unter der Haut offenbart sie ihr von Zartheit und Pikanterie erfülltes Wesen. Sie profitiert nicht vom gierigen Biß ins Pralle; niemandem käme es in den Sinn, in sie hineinbeißen zu wollen – sie will eröffnet werden!

(Foto: CC-BY Erich Ferdinand)