Verbotene Früchte

Die deutsche Musiklandschaft hat ein neues Thema für sich entdeckt: Erdbeeren im Winter. Dieser Tweet von dem Klassik-Shootingstar und brillanten Pianisten Igor Levit hat auf Twitter immerhin über 1000 Likes gesammelt und mehr als 150 Reaktionen – natürlich nicht alle zustimmend.

Allerdings ist Levit nicht der erste, deutsche Musiker, der das Thema für sich entdeckt hat. 2017 haben Sängerin Mine und Rapper Fatoni ihr grandioses Album „Alle Liebe nachträglich“ veröffentlicht. Da drauf war auch der Wintererdbeerenkritische Song „Erdbeeren ohne Grenzen.“

Wer statt lässiger Musik lieber harte Argumente wünscht, dem kann der NABU weiterhelfen:

Von oben betrachtet wirken Teile der Provinz Huelva in Andalusien wie von Plastik überzogen. Die Einwohner sprechen vom „Plastikmeer“, wenn sie die 6.000 Hektar großen Erdbeeranbau-Gebiete meinen. Unter den transparenten Planen wachsen die Erdbeeren und fordern jährlich insgesamt 20 Millionen Kubikmeter Wasser. Das sind, in einer der trockensten Regionen Spaniens, ein Drittel der verfügbaren Wasserressourcen. Die Folge: Der Grundwasserspiegel sank von fünf bis sieben Metern in den 80er Jahren auf heute 30 bis 40 Meter. Das führt zu Dürren und Wasserknappheit bei der Bevölkerung. Immerhin werden in Spanien 80 Prozent des Trinkwasservorrats für die Landwirtschaft genutzt.

Die Natur leidet
Und nicht nur das. Während die Erdbeeren ihr Wasser bekommen, gehen die Tiere und Pflanzen in der Region und im nahegelegenen Nationalpark Coto de Doñana, einem Feuchtgebiet mit Weltnaturerbe-Status, leer aus. Der akute Wassermangel bedroht ein ganzes Ökosystem, das im Winter auch von Millionen Zugvögeln genutzt wird und daher international von Bedeutung ist.

Der Landverlust durch die ständig wachsenden Obstanbau-Gebiete in Andalusien ist ein weiteres großes Problem. Laut einer Studie des WWF von 2010 wurden mehr als 2.100 Hektar öffentlicher oder privater Wälder ohne Genehmigung in Erdbeerplantagen umgewandelt, 450 Hektar davon sogar in Natura-2000-Schutzgebieten. Damit gehen wichtige Lebensräume verloren oder werden zerschnitten. Wanderwege von Tierarten, die große Gebiete bewohnen, wie der vom Aussterben bedrohte Iberische Luchs, werden mit zerstört.

Wenn Erdbeeren im kalten Winter duftend zum Kauf verführen, macht man sich all das nicht bewusst. Doch die Natur zahlt einen hohen Preis für unseren Beeren-Luxus. Statt sie in den Einkaufswagen zu legen, sollte man lieber tief Luft holen, ihren Duft genießen und sich freuen, dass bald endlich wieder die Erdbeerzeit beginnt! Vorfreude ist ja bekanntlich auch die schönste Freude.

In diesem Sinne: Strawberry Fields vielleicht besser doch nicht forever, sondern immer nur saisonal und am besten, ja ja, man mag es schon gar nicht mehr hören, regional.

(Foto: Weak Lifter on Unsplash)

Atemraubendes Rindfleisch

Stephanie Nolen und Aaron Vincent Elkaim haben für die kanadische Zeitung The Globe and Mail eine grandiose Reportage aus dem brasilianischen Regenwald geschaffen. Mit tollen Bildern und digital top präsentiert zeigen Sie, an welch unterschiedlichem Klein-Klein die Rettung und Erhaltung des Regenwaldes zu scheitern droht. Eine wichtige Rolle spielt dabei die außergewöhnlich ineffiziente und deshalb flächenintensive Landwirtschaft Brasiliens. Da wird Atemluft gegen Rindfleisch eingetauscht. Das mag nur peripher mit dem Thema Kulinarik zu tun haben, aber die handwerkliche und technische Umsetzung ist so gelungen, dass es sich lohnt, die 20 Minuten Zeit zu investieren um mit Nolen und Elkaim durch den Dschungel zu fahren.

There are twice as many cows as there are people in Brazil – but this country has the world’s least productive cattle industry. Canadian farmers raise, on average, seven cows per hectare; here, they raise just one. Forging new pasture for cattle is the single biggest driver of deforestation – responsible for 66 per cent of it.

(Bild: Eine Farm in Mato Grosso, CC-BY paulisson miura)