Street Food bis zum Sozialismus?

Die linke Wochenzeitung Jungle World aus Berlin streitet Pro-Contra über das Street Food. Während Jan Stich den Food Truck als Vehikel auf dem Weg zum Sozialismus beschreibt, ist Federica Matteoni da deutlich kritischer.

Die Streetfood-Revolution muss sich bald etwas Neues ein­fallen lassen. Oder sie wird von ihren Kindern gefressen.

Oder blitzt zwischen den Buletten eines Burgerbraters doch die klassenlose Gesellschaft hervor?

Die Hierarchie von Koch und Kellner, von Gast und Gast­geber ist Feudalismus pur. Erst am Food Truck müssen Produzent und Konsument beide stehen. Beide Parteien haben mächtige Hebel: Ich muss deinen Veggie-Burger nicht kaufen, aber du kannst mit deinem Wagen morgen einfach ganz woanders hinfahren.

Auf jeden Fall mal zwei nette Gegen-Perspektiven zum allgemein Start-Up-Foodie-Truckie-Hype.

(Foto: TJ Dragotta on Unsplash)

Schlechte Menschen essen schlechtes Essen?

Nachdem wir gestern leichte Kost zum Thema Schaumwein hatten, gibt es heute mal ein richtig schweres Stück zum Lesen. Bei Medium schreibt Virginia Sole-Smith wie aus Teilen der Bewegung hin zu ökologischerem Essen ein völlig gestörtes Verhältnis zu Nahrung erwuchs. In ihrer partiellen Selbstanklage zitiert sie die Nahrungsjournalistin Christy Harrison:

“We kept thinking we were finding answers. But really, we were participating in this mass marketing of disordered eating.”

Tatsächlich bringt Sole-Smith ein paar bestürzende Beispiele, wie aus Body Issues einzelner InfluencerInnen plötzlich Ernährungstrends wurden.

The problems begin when we consider the corollaries to statements like “You are what you eat.” If that’s true, then eating “bad” foods (Big Macs, Slushies, anything made with white flour or sugar) makes you a bad person. Or at least an uninformed, undisciplined one.

Im Kern kritisiert die Autorin die Wende in der Debatte weg von der Kritik an einem falschen System und hin zu individuellen Fehlern der einzelnen Menschen.

Organic farmers and food activists may have originally banded together to take on huge corporations within the agricultural-industrial complex. But infusing their arguments with messages about health has led to the rise of a wellness-industrial complex, in which nutritionists, personal trainers, cookbook authors, and other “alternative-health experts” target us for our individual choices. Alternative food and wellness are big business now. The Amazon-Whole Foods deal was worth $13.7 billion.

Auch wenn ich nicht jeden einzelnen Punkt der Autorin teile, halte ich den Text für sehr lesens- und diskussionswert. Die Verantwortung einzelner Menschen für ihre Ernährung lässt sich für weite Teile der ersten Welt sicher nicht wegdiskutieren. Aber jeder Einzelne trifft seine Entscheidung auf Basis des eigenen Wissens und da ist definitiv auch viel fragwürdiges Wissen unterwegs, angeheizt von einer Gastro-Publizistik, die regelmäßig neue Hypes braucht, um neue Hefte verkaufen zu können.

(Foto: Daniel Lincoln on Unsplash)

Lädchen wechsel dich

Julia Floß zieht im Kölner Stadtanzeiger eine erste Bilanz des „Laden Ein“. Dabei handelt es sich um ein Restaurant, in dem alle zwei Wochen jemand anderes kocht und soll eine Verlängerung der abwechslungsreichen Street Food Festivals in ein Ladenlokal hinein sein.

Bisher durften sich schon mehr als 50 Gastronomen ausprobieren. Eine der wichtigsten Eigenschaften von Street Food-Märkten und Pop Up-Stores ist allerdings ihre Kurzlebigkeit. Die Neugierde der Kundschaft wird über Zeitdruck erhöht: „Wir müssen da jetzt hin. Das gibt’s nur heute.“

Für mich persönlich klingt das ja eher stressig, aber ich bin auch so ein Lieblingsladen-Gewohnheitstier und nicht der größte Street-Food-Connaisseur. Blöder Satz, aber der Erfolg scheint dem Laden-Ein-Team ja recht zu geben und lustig klingt das schon.

(Symbolbild: CC BY 2.0 i_yudai)

Die dümmsten Food-Trends 2017

Ein neues Jahr steht vor der Tür. Bevor man diese Tür öffnet, um sich auf dem Weg nach 2018 zu machen, lohnt ein Blick zurück auf vergangene Fehler, damit wir diese nicht wiederholen müssen. Felicity Cloake hat für den Guardian die dümmsten Food-Trends 2017 gesammelt. Das scheint auf den ersten Blick nur ein dummes Listicle im Buzzfeed-Style zu sein. Für ein deutsches Publikum scheint es mir aber doch ganz spannend. London ist die Food-Trend Hauptstadt Europas, und manchem gescheiterten Experiment von dieser Liste steht die breite Markteinführung in Deutschland erst noch bevor. Die Aktivkohle zum Färben von Eis oder Burgerbrötchen gibt es hier grade an jeder Ecke und Cloake hat recht: Geschmacklich ist das Grütze. Spannend ist aber wohl auch der Gesundheitseffekt. „Not only does it taste awful, but there’s no evidence of any health benefits unless you’ve already been poisoned, in which case you probably shouldn’t be eating pizza. In fact, so effective is charcoal at absorbing chemicals that it can affect prescription medication, too.“ Gemüse-Joghurts und Cloud Eggs wurden mir hierzulande noch gar nicht angeboten. Mit Cloake können wir also ein wenig in die Kristallkugel schauen, welche Dummheiten uns vermutlich noch bevorstehen – 2018 wird aufregend.

(Bild: CC BY-SA 2.0 magnoid)