Geister grüßen aus der Testküche

Wer kennt ihn nicht, den romantischen Traum von der eigenen Gastronomie, dem eigenen Café oder der eigenen Kneipe, von und in denen man dann bis zum Tud gemütlich und schmackhaft mit lieben Gästen leben kann. Demgegenüber steht die harte Arbeitsrealität in Küchen, die kommerziell funktionieren müssen bei steigenden Mieten und einem harten Preiswettkampf. Das sind wohl die Zutaten, warum eine besondere Gattung Restaurants immer populärer wird: Die Testküchen, in denen Möchtegern-Gastronomen auf Zeit ihr Konzept, den Beruf und den Druck einmal testen können.

Das Laden Ein in Köln hatten wir an dieser Stelle bereits erwähnt. Unter dem Namen Guck Mal Wer Da Kocht gibt es in Frankfurt jetzt ein ganz ähnliches Konzept. Jetzt kommt aus Köln der nächste Innovationsschub: Ein Restaurant mit vielen Köchen und ohne Gäste. Das Bongour kombiniert die Idee der Ghost Kitchen, das ist ein Restaurant, welches seine Speisen exklusiv über Lieferdienste wie Foodora und Deliveroo vertreibt, mit dem eigenen Restaurant auf Zeit. Stefan Chmielewski stellt das Geistergasthaus in der Süddeutschen Zeitung genauer vor:

„Gastro-Hub“ nennen die Gründer von Bongour ihr Konzept, das man sich wie eine Mischung aus Testküche, Pop-up-Lokal und Lieferdienst vorstellen muss. Am Herd stehen eine Handvoll Köche – Profis, aber auch Amateure -, die hier für eine jeweils individuell vereinbarte Zeit ausprobieren, ob sie für die Selbständigkeit fit sind. Das Risiko ist überschaubar: Bongour stellt die Küche, übernimmt das Marketing und Coaching. Im Gegenzug erhält das Start-up einen „deutlichen Anteil“ vom Umsatz der verkauften Bestellungen. Haben die Köche mit ihren Gerichten keinen Erfolg, entstehen ihnen keine Kosten.

(Bild: Steinar Engeland on Unsplash)

Duell der Lieferdienste

Deutschland ist einer der am härtesten umkämpften Märkte weltweit für Lieferservices, die Pizza, Nudeln und andere Gerichte nach Hause liefern. Es ist ein Geschäft mit sehr geringen Margen, an einer Bestellung verdienen die Firmen nur ein paar Euro. Lukrativ kann dieses Geschäft also nur für denjenigen werden, der sehr viele Bestellungen bei möglichst geringen Kosten ausliefert.

Ganz so dramatisch wie in dem Sketch von Gute Arbeit Originals geht das Duell unter den deutschen Essenslieferdiensten wohl nicht zu, aber was Sophie Burfeind in der SZ schreibt, ist trotzdem spannend. Schöne Volte zum Schluss: Der größte Konkurrent für Online-Lieferdienste ist ein unerwarteter, alter Bekannter.

Fast Food, Faster Food, Fastest Food

Wer lesen möchte, wie weit die ökonomische Optimierung eines Restaurantbetriebes auch außerhalb von Burgerbratereien mittlerweile fortgeschritten ist, dem sei dieser Artikel über die Berliner Szene-Kantine Beets & Roots empfohlen.

Die Inneneinrichtung habe man nicht zu gemütlich machen wollen. „Die durchschnittliche Verweildauer des Gastes ist bei uns dadurch geringer als im klassischen Full-Service-Restaurant“

Aus ökomomischer und sozialer Sicht mag es sicher begrüßenswert sein, wenn die Versorgung mit gutem und gesundem Essen so optimiert wird, dass man möglichst günstig möglichst viel davon an die Leute bringen kann. Für Freunde klassischer Genusskultur klingt es jedoch irgendwie gruselig. Aber die Konkurrenz für solche Läden ist wohl auch nicht das Drei-Gänge-Lunch im schicken Hotel-Restaurant, sondern im Zweifel Kebab und Burger. Da ist der absichtlich unbequeme Szene-Schuppen ja quasi schon ein Upgrade. Es bleibt kompliziert.

(Bild: CC BY-NC-ND 2.0 Tasha Metamorfosis)