Thüringer Würstchen aus vietnamesischen Händen

Vielleicht sollte ich doch eine eigene Kategorie für das Thema „Wurst und Migration“ anlegen. Denn heute geht es schon wieder um die Wurst, beziehungsweise deren Rettung durch eine Auszubildende der Fleisch- und Wurstwaren Schmalkaden die auf den typisch thüringischen Namen Thi Hong Bui hört. Gesa Staiger hat eine großartige Reportage geschrieben, wie ein Wurstfabrikant dem Azubi-Mangel in Ostdeutschland entgegensteuert, indem er Auszubildende aus Vietnam nach Schmalkalden holt. Das ist einerseits überraschend, gilt doch die Provinz Thüringens als einer deutschen Fremdenfeindlichkeits-Hotspots, andererseits ist es aber auch wenig überraschend, denn Vietnamesen arbeiteten schon zu Zeiten der DDR in großen Scharen in Thüringen, Sachsen, Brandenburg und Co.

Besonders ernüchternd ist wohl der folgende Absatz:

Fleischer ist neben Restaurantfachmann der unbeliebteste Ausbildungsberuf der deutschen Jugend. Bundesweit bleibt jede dritte Stelle unbesetzt. Zwischen 200 und 900 Euro netto verdient ein angehender Fleischer in seinen Lehrjahren. Das Einstiegsgehalt nach der Ausbildung liegt bei 1.900 Euro brutto. Nicht viel für ein Leben in 12 Grad, zwischen Schweinehälften und Leberwurst.

Klingt so, als müsse sich grundlegend etwas an den Bedingungen in den Kulinarik-Ausbildungen ändern. Wer das tun möchte, könnte zum Beispiel die Nachwuchsarbeit der Gastronomie-Gewerkschaft NGG fördern. Die vertritt die jungen Auszubildenden, egal ob aus Vechta oder aus Vietnam, gegenüber ihren Arbeitgebern und kämpft für mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen – sonst findet sich irgendwann niemand mehr, der lernen möchte, wie man Thüringer Würste macht. Hören wir doch mal, was der Jugendsekretär der NGG zu sagen hat:

Gerade in diesen Berufen sind Überstunden und Belastung hoch und die Vergütung niedrig. Niemand darf sich wundern, wenn einem unter diesen Bedingungen die Auszubildenden weglaufen. Die Branche wird ihren Fachkräftemangel nur beheben können, wenn ihre Betriebe in die Qualität der Ausbildung investieren.“

Wenn sich da nicht grundlegend etwas ändert, findet sich irgendwann niemand mehr, der lernen möchte, wie Thüringer Würste gemacht werden – und das freut dann höchstens noch peta.

(Foto: Thüringer Wald von Renate Tröße  / pixelio.de)

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